Mittwoch, 15. Oktober 2008

Der Geisterbahnfahrer

Jörg Haiders Tod lässt uns seine Elogen auf die SS, sein Anbiedern bei Saddam Hussein, welches in schönem Gegensatz zu seiner islamkritischen Rhetorik stand, und seinen unverhüllten Judenhass vergessen. Wir stellen heute und für die nächsten paar Tage, zusammen mit einer Vielzahl von Medien in aller Welt, fest, dass der Landeshauptmann von Kärnten ein aufrechter Patriot, bedingunsloser Verteidiger westlicher Werte und lupenreiner Demokrat war.

Er ist für unsere Sünden gestorben.

Was uns jedoch am meisten erstaunt, sind die Reaktionen aus Amerika. Lawrence Auster, dessen Blog View from the Right zu den wenigen gehört, die wir regelmäßig lesen und dessen intellektuelle Tiefe und Integrität weit herausragt aus all' dem Mittelmäßigen und Schlampigen, mit dem das Internet uns erfreut, schreibt z.B.:
In früheren Jahren war es Haiders anti-Staatsallmacht-, anti-EU- und anti-Immigrations-Standpunkt, der ihn zu einer der wenigen hoffnungsvollen Erscheinungen in Europa gemacht hatte. Ich habe ihn Mitte oder Ende der Neunziger Jahre bei einem seriösen Establishment-Lunch in New York City getroffen und mit ihm über die Immigrationsproblematik gesprochen und habe ihm später meine Arbeiten über Immigration geschickt. Seine Rede damals hat mich etwas enttäuscht, weil er mehr wie ein U.S.-Republikaner, als ein Europäischer Nationalist und westlich orientierter Patriot klang. Aber dann hat er mich anders und viel weitgehender enttäuscht. Jahre bevor er von der Straße abkam und starb, kam er im übertragenen Sinn von der Straße ab, indem er ein Bundesgenosse von Saddam Hussein gegen die Vereinigten Staaten wurde.

schnipp

"Ich persönlich würde mich freuen, wenn die Irakis sich erfolgreich gegen diese Aggression werteidigen würden."*

Was* hat er sich dabei gedacht? Nach all' seinen Bemühungen um Respektabilität über so viele Jahre hinweg . . . welche Wirkung auf seine politische Karriere und Effektivität hat er sich von seiner Parteinahme für Saddam Hussein gegen die U.S.-geführte Koalition . . . versprochen?
*Hervorhebungen im Original!

Das ist eine ehrliche Stellungnahme, die sich erfreulich abhebt von dem gung-ho-Dreck jener amerikanischen Erscheinungen (Kein Link, bitte "Haider Austrian patriot" googeln!), die jeder Nazi-Nachgeburt noch einen tränentriefenden Nachruf hinterherwerfen, entweder weil sie sie gut finden, weil sie sie als solche nicht stört, weil sie sie als solche nicht interessiert, oder weil sie nicht begreifen oder begreifen wollen, wofür ein Haider wirklich stand.

Dem letzteren Denkmuster folgt auch Lawrence Auster, und die Tatsache, dass ein intellektuell integrer Denker wie er nicht begreift oder begreifen will, dass die Begriffe "österreichischer (oder deutscher) Nationalist" und obszöner Amerikahass sich fast denknotwendig bedingen, entlarvt die Kluft zwischen Amerika und Deutschland schärfer, als alle "Ami Raus"-Demos das jemals könnten. Ja, welche Wirkung auf seine politische Karriere hat Haider sich von seiner Parteinahme für Saddam Hussein und gegen Amerika wohl versprochen? Genau die, die ja dann auch eintrat, nämlich einen gewaltigen Gesichtsgewinn selbst bei denen, die seine rechte Rhetorik eigentlich nicht mochten. Denn Ami-Hass kommt überall an, rechts, links und fast immer auch in der Mitte (sofern es sie gibt). Solche Stellungnahmen machen Politiker hier mainstreamtauglich.

Liebe Amerikaner, bitte bitte begreift das, bevor ihr euch wieder ins eigene Nest scheißt!

Haider ist nicht von der Straße abgekommen. Er starb, wie er gelebt hat, als Geisterbahnfahrer.