Es ist noch nicht alles gesagt über das Säbel-Zwischenspiel des Nicolas Sarkozy.
Was fällt uns, wenn wir an die Religion des Friedens denken, zuerst ein?
Es sind nicht die Frauen in Ganzkörper-Verhüllung, nicht die "Ehrenmorde", nicht die anmaßenden Minarette und nicht einmal die erschütternden Bilder der Kleinkinder mit Bombengürteln in "Palästina". Nein, es sind die öffentlichen Hinrichtungen, die Massenerhängungen im Iran (auch von Kindern) und die Enthauptungen mit dem Schwert in Saudi-Arabien, beides Länder, die in keiner Weise als international geächtet gelten können.
(Und ja, sobald sich eine angemessene Zahl meiner Mitbürger DARÜBER aufregt, werde ich anfangen, mich auch über die Todesstrafe in den USA aufzuregen.)
Dass solche Schauspiele nicht auch in Afghanistan immer noch zum Alltag gehören, haben wir dem Engagement des Westens und unter anderem der Bundeswehr zu verdanken, was einigen Politikern nicht gefällt, weil es die armen Henkersknechte terrorisiert, die ja schließlich bitteschön nur ihre Kultur leben möchten.
Aber zurück zur Nahost-Diplomatie des Nicolas Sarkozy. Wie sieht hier die Zukunft aus? So etwa:
10 Uhr König Abdullah überreicht dem Präsidenten Frankreichs als Gastgeschenk einen Säbel, der Präsident bedankt sich mit der Übergabe der ersten von Joseph-Ignace Guillotin der Nationalversammlung als Modell vorgeführten Guillotine.
Ja und? Und darüber regen wir uns auf? Also noch einmal ganz langsam:
Nicolas Sarkozy, der Französische Staatspräsident, bekam anlässlich eines Staatsbesuchs in Saudi-Arabien, einem Land mit einer langen Geschichte schlimmster Menschenrechtsverletzungen, einen Säbel überreicht, ein Instrument, das im Gastland traditionell für Enthauptungen eingesetzt wurde UND IMMER NOCH WIRD! Regelmäßig, routinemäßig, häufig.
Keiner der 78 Treffer bei der Google-Suche für "sarkozy säbel saudi-arabien" bezieht sich auf diesen Vorfall, womit es fair ist, anzunehmen, dass sich niemand sonderlich dafür interessiert – so oder so.
Lautes Schweigen auch bei den üblichen Verdächtigen, die sonst immer für eine Lichterkette oder Mahnwache für einen verurteilten Mörder gut sind – so lange er nur ein Opfer der US-Justiz wurde.
WIR regen uns aber darüber auf. Wir gehen nicht zur Tagesordnung über, und wir meinen auch nicht, dass westliche Politiker so etwas als zu den Zwängen des Protokolls gehörig hinnehmen müssen. Die Saudis mussten ja auch nicht die Reisebegleiterin des Präsidenten, mit der er nicht verheiratet ist, hinnehmen.
Glauben wir ernsthaft, dass auf dieser Ebene zwischenstaatlicher Begegnung NICHT alles im Vorfeld gegenseitig abgesprochen und schriftlich festgelegt wird? Dass die französische Seite hinter den Kulissen, über die Botschaft und den Außenminister, NICHT etwa hätte sagen können: "Also das mit dem Säbel, das wäre teilweise vielleicht nicht ganz angebracht aus innenpolitischen (!) Gründen, in Frankreich haben wir nämlich gerade eine etwas unpassende Stimmung für sowas, avec regret mais… banlieue, les jeunes etc. etc. et merci de votre compréhension?
Aber Monsieur le Président erklärt nicht, daß er ein solches Gastgeschenk nicht haben will, nein, er reißt noch sein großes Maul auf darüber: "Avec ma collection de sabres saoudiens, je n'aurai plus aucun adversaire à ma taille", was so viel heißt, wie: "Mit meiner Sammlung saudischer Säbel werde ich keinen Gegner mehr haben, der sich mit mir messen kann."
Würde sich das auf die öffentliche, zelebrierte und vollkommen würdelose Aufgabe westlicher Werte beziehen, die ihm so schnell keiner nachmacht, hätte er sogar recht.
Gudrun Eussner, ohne die dieser Eintrag nicht zustande gekommen wäre, schreibt aus Frankreich:
Hier schlägt die Stimmung, was seine Regierung angeht, ziemlich zügig um. 49% zu 49% Zustimmung und Ablehnung... Wie ich werden Franzosen reihenweise ernüchtert sein, oder warum sonst wird im Figaro des Serge Dassault von der am selben Tag vom Scharfrichter in Saudi-Arabien vollstreckten Hinrichtung berichtet?Wie bei der peinlichen Zurschaustellung seines geronterotischen Zeitvertreibs, lässt die Mimik dieses Mannes während er an dem Enthauptungsinstrument herumfingert, ebenso wie die noch dümmeren Fressen seiner Kumpane, darauf schließen, dass sie wirklich und wahrhaftig "nur spielen" wollen. Und das ist das Schlimmste daran.