Freitag, 20. Juni 2008

Otto versaut Hamburg



"... a light will shine through that window, a beam of light will come down upon you, you will experience an epiphany ... and you will suddenly realize that you must go to the polls and vote for Obama" - Barack Obama, Lebanon, New Hampshire, January 7, 2008.

Das mit Otto fiel uns ein, als wir unlängst auf Obamas Webseite die Schlagzeile der L.A. Times "Barack Obama has captivated the world" entdeckten, was man als "Barack Obama bezaubert die Welt" übersetzen kann, und genauso komisch wäre es auch - wäre Obama nur ein Komiker.

Er ist es aber nicht. Vielmehr betritt er die politische Bühne zu einer Zeit, in der Weiße weltweit versuchen, eine Vergangenheit, in der das Denken in "rassischen" Kategorien als die Norm galt, hinter sich zu bringen, und was könnte da heilsamer für die Wunden der Vergangenheit sein, als ein Mann, dessen Haut nicht weiß ist, und nur ganz wenigen fällt auf, dass das einen gefährlichen Widerspruch in sich birgt.

Nein, Obama bezaubert die Welt. Obama, mit dem Gesicht eines Fanatikers, Obama, den nichts - garnichts - zum Präsidenten einer Supermacht befähigt, Obama, dem niemand einen zweiten Blick schenken würde, wäre er nicht schwarz (oder besser: hätte er nicht einen schwarzen Vater, denn wie Kunta Kinte sieht er nicht aus), Obama, bei dem alles dafür spricht, dass er Muslim ist, es sei denn, er wäre der erste exponierte Apostat in der weit über tausendjährigen Geschichte des Islams, der ungeschoren davongekommen ist. Obama, der Held des Internets und der coolen jungen Leute. Obama, der einen rassistischen Hassprediger seinen spirituellen Mentor genannt hat, Obama, dessen Ehefrau meinte, dass sie, nun, da ihr Mann sei, was er ist, zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben stolz darauf sei, Amerikanerin zu sein. Im Klartext: Nun, da ein großer Teil Amerikas sich für einen - ihren - Mann entschieden hat, den nichts, aber auch gar nichts zum Präsidenten einer Supermacht befähigt, außer der Tatsache, dass er schwarz ist oder besser: dass er einen schwarzen Vater hat, denn - sagte ich das nicht schon? - wie Kunta Kinte sieht er nicht aus. Obama, der seine weißen Großeltern, die ihm ein Heim gegeben und eine teure Erziehung ermöglicht haben, als "those white folks" abtut.

Tatsächlich würde, ganz unbefangen, niemand auf den Gedanken kommen, jemanden mit Obamas Aussehen, Sozialisation und genetischem Makeup "schwarz" zu nennen. Diesen Widerspruch umgeht der Kandidat elegant, indem er die rassistische "one-drop-rule" des post-bürgerkriegs Amerika anwendet, und das macht ihn nun nicht zu einem Präsidentschaftskandidaten, der zufällig schwarz ist, sondern zu einem Mann, der Präsidentschaftskandidat ist, genau und einzig und allein, weil er "schwarz" ist.

Hallo Rassismus!



Powell, Bush, Rumsfeld: Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Weißeste im ganzen Land?

Es ist interessant, nach dem Begriff "one drop rule" zu googeln und zwar einmal zusammen mit dem Suchparameter "Obama" und einmal mit einem anderen Parameter, nämlich "Colin Powell". Ergebnis: 23.600 : 2.520. Warum? Eben weil Obama auf dem Rasseticket fährt und die Öffentlichkeit das, positiv oder negativ, auch genauso einschätzt. Bei Colin Powell spielte es hingegen bezeichnenderweise nie eine Rolle.

In seiner Rede über "Rasse" am 18. März hatte Obama einen Versuch der Schadensbegrenzung unternommen, weil er die Bereitschaft der Amerikaner, zugunsten eines Heilsversprechens auch kruden Antiamerikanismus und anti-weißen Rassismus zu schlucken, überschätzt hatte und distanzierte sich halbherzig von seinem langjährigem Mentor, dem Pastor Wright, weil dessen Predigten über, zum Beispiel, HIV als eine Verschwörung der US-Regierung, um Schwarze auszulöschen oder dessen Eulogien über Louis Farrakhan und seine rassistischen und antisemitischen Ausfälle, einigen potentiellen Wählern tatsächlich sauer aufgestoßen waren.



Spieglein, Spieglein an der Wand, du lügst! ICH bin NICHT der Weißeste im ganzen Land!

Tatsächlich hatte sich Obama jedoch nicht von Wright distanziert, sondern dessen Äußerungen, wie Charles Krauthammer brilliant nachweist, lediglich in einen bestimmten Kontext gestellt, nämlich den, des weißen Rassismus.

Den Anspruch zu erheben, dass es, im Kontext der Amerikanischen Geschichte, nicht erwartet werden kann, dass ein Schwarzer mit Wrights Hintergrund NICHT hasserfüllten Irrsinn predigt, ist schierer und unverdünnter Rassismus, und das ist eigentlich alles, was man über den "post-rassischen" Kandidaten Obama zu sagen braucht.

Nicht ganz unvoraussehbarerweise, bildete sich schnell ein breiter Konsens, der diese Rede als eine der größten in der Geschichte Amerikas bezeichnet, eine Rede, die gar wie die Reden Kennedys, Lincolns oder Roosevelts von den Schulbüchern der Nation übernommen werden sollte.

Wie man mit einem solchen Phänomen umgehen soll?

Das Blog Is Barack Obama the Messiah? rettet sich in die Parodie und das ist zumindest EIN Weg, das absurde Theater zu ertragen.

Kaum war Jesus Obama getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.


Ja, Obama verzaubert die Welt. Er ist ein Heilsbringer. Die Amerikaner heilt er von der Erbsünde der Sklaverei, die Europäer von der Erbsünde des Kolonialismus und die Deutschen von der Erbsünde des Holocaust. Endlich, ENDLICH trägt die absurde, gebetsmühlenartige Gleichsetzung von Antisemitismus mit Rassismus ihre Früchte, denn ein Volk, das nett zu einem Neger ist, zeigt doch nun wirklich, dass es ganz doll viel aus seiner Vergangenheit gelernt hat.

"Natürlich" ist die Realität eine andere. Antisemitismus war - im Gegensatz zu Rassismus - nie etwas, das vom politisch korrekten Diskurs ausgeschlossen gewesen wäre. Wäre das nicht der Fall, hätten wir spätestens jetzt neben Berufsjuden auch Berufsneger, aber wer würde es wagen, den Heilsbringer Obama oder seinen "spirituellen Mentor" so zu nennen?