Donnerstag, 20. September 2007

Bitte keine voreiligen Schlussfolgerungen II

Eine ganze Weile, nachdem ein orthodoxer Rabbiner in Frankfurt niedergestochen und schwer verletzt wurde, kommen Behörden und Medien zu dem Schluss, dass der Täter eventuell, vielleicht, womöglich und unter Umständen vermutlich doch "antisemitisch motiviert" gewesen sei. Auch hat man den "mutmaßlichen Täter" inzwischen gefasst. Gegen ihn wurde Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung erlassen.


Eine Tötungsabsicht bestreitet der Frankfurt geborene Deutsche, dessen Eltern aus Afghanistan stammen, jedoch. Vielmehr habe es "eine Auseinandersetzung gegeben, zunächst verbal, dann körperlich, bei der er sich dem anderen Mann unterlegen fühlte und deshalb zum Messer griff". Klar, dass bei einem derart unklaren Sachverhalt die Staasanwaltschaft "noch Ermittlungen zum Hintergrund dieses Mannes tätigen" muss.

Es ist doch auch absurd zu behaupten dass, wenn ein 22jähriger Muslim einem fetten Mittvierziger, der als orthodoxer Rabbi zu erkennen ist, mit den Worten: "Scheiß-Jude, ich bringe Dich um" ein Messer in den Bauch rammt, dem automatisch ein antisemitisches Motiv zugrunde liegen müsse. Vermutlich war hier eine Auseinandersetzung über eine Auslegung der Heiligen Schrift vorangegangen, bei der der Rabbi unsensibel reagiert hat (zunächst verbal, dann körperlich), so dass der junge Deutsche afghanischer Abstammung sich dem anderen Mann bald derart unterlegen fühlte, dass er eigentlich garnicht anders konnte, als schließlich zum Messer zu greifen.

Die üblichen Bestürzungsbekundungen waren ebenso unfreiwillig komisch, wie entlarvend. Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth versprach dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, dass die Stadt alles tun werde, "um dem Rassismus den geistigen Nährboden zu entziehen", womit endlich wieder einmal von deutscher Seite unmissverständlich festgestellt wurde, dass Juden eine Rasse sind, wohingegen das hessische LKA von "einem neuen Phänomen" sprach, da antisemitische Übergriffe ja ansonsten "fast ausschließlich von Rechtsradikalen verübt" werden worden. Zugegebenermaßen erleichtert es den Ermittlern ihre Arbeit nicht grade, wenn aus Gründen politischer Korrektheit keine Statistik nach der ethnischen Zugehörigkeit geführt wird, aber das ist kein Grund, einfach seine Hausaufgaben nicht zu machen und dann öffentlich als Volltrottel dazustehen.

Damit war die Sache aber noch nicht ausgestanden. Wie die FAZ berichtete, war der Mann von einem Jugendrichter (mit 22 Jahren!) in Frankfurt-Höchst verwarnt und wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung zu zwei Wochen Jugendarrest verurteilt worden, im Mai hatte das Gericht zudem einen Strafbefehl über 600 Euro wegen Körperverletzung und Bedrohung erlassen.

Das Amtsgericht verurteilte den Mann, weil er in seinem Wohnhaus in Hattersheim bei Frankfurt einen Aufzug demolierte. Später sprach ihn der Hausmeister an und forderte Geld für die Reparatur. Der 22-Jährige zog daraufhin einen Schreckschussrevolver und schoss vier Mal auf den Mann, wobei dieser an der Wange getroffen worden sei. Am folgenden Tag bedrohte der 22-Jährige zwei Nachbarn mit einem Messer und sagte, er habe bereits am Tag zuvor einen Nachbarn getötet.

Im Mai dieses Jahres wurde der Messerstecher wegen eines Angriffs in einem Bus verurteilt. Er schlug nach Überzeugung des Richters einem Fahrgast mit der Faust ins Gesicht, weil dieser ihn gebeten hatte, zur Seite zu gehen. Als der Busfahrer die Polizei rufen und die Tür nicht öffnen wollte, bedrohte der 22-Jährige ihn mit dem Messer und den Worten „Ich stech' dich ab“. Dann öffnete er die Tür gewaltsam und flüchtete.
Und wenn diese tickende Zeitbombe nach dem nächsten Klaps aufs Patschhändchen wieder irgendeinem Juden gegenüber ihrer gefühlten Unterlegenheit Ausdruck verleiht, gibt es keinen Grund mehr, NICHT anzunehmen, dass hier ein sich gut hinter Toleranz versteckender Erbe der Firma Freisler tätig war, dass Frau Roth tatsächlich meint, dass die Nürnberger Gesetze in Frankfurt immer noch gelten und dass die Polizei wirklich doof genug ist, zu glauben, was in der Zeitung steht, nämlich dass die wahre Gefahr für Juden (und übrigens auch für die gesamte FDGO) von einigen jämmerlichen Rechtsradikalen ausgeht, die ihren Hintern nicht von ihrem Ellenbogen unterscheiden können.