Freitag, 25. Januar 2008

Epitaph für Helmut Schmidt

Altbundeskanzler Helmut Schmidt ist von einer "Anti-Raucher-Initiative", die sein Rauchverhalten (ja wirklich!) "seit Jahrzehnten beobachtet" wegen Körperverletzung angezeigt worden, weil er anlässlich eines Neujahrempfangs in der Öffentlichkeit geraucht hat.

Und ja, es ist richtig, dass auch ein Altbundeskanzler nicht über dem Gesetz steht, und nein, die Tatsache; dass er und seine ebenfalls eifrig rauchende Frau Hannelore "Loki" mit fast neunzig Jahren Musterbeispiele für rüstige Rentner sind, spricht nicht wirklich FÜR das Rauchen.

Der größte Heuler bei alledem ist aber, dass die Schmocks, die unter demselben Stein hervorgekrochen sind, wie diejenigen, die finden, dass ein spießiger deutscher Rentner durchaus einen in die Fresse verdient, wenn er jungen Männern mit Migrationshintergrund das Rauchen verbietet, nun meinen, dass SIE das bei Schmidt durchaus dürfen. Und da der deutsche Spießer immer und überall zwanghaft das heraushängen lässt, was er für seine Bildung hält, muss hier sogar der arme Max Weber daran glauben:

Diese Woche erklärt Schmidt dabei, das Buch "Politik als Beruf" von Max Weber aus dem Jahre 1919 immer wieder einmal zur Hand genommen zu haben. Was aber kann er mit dem Inhalt anfangen? In just diesem Werk nennt der bekannte Soziologe drei entscheidende Qualitäten für den Typus Politiker: "Leidenschaft, Verantwortungsgefühl, Augenmaß".

...Verantwortungsgefühl beweist er mit seinem fortgesetzten Rauchergehabe jedoch nicht, und auch am rechten Augenmaß fehlt es dem 89-Jährigen offenkundig in dieser Sache.
Dabei ist dich die eigentliche Frage, warum man einen fast Neunzigjährigen, den die meisten Jugendlichen nicht einmal mehr dem Namen nach kennen, nicht langsam aus seiner Verantwortung als "Vorbild" entlässt oder ihm zum Beispiel eine Vorbildfunktion dort zuordnet, wo es ethisch Sinn machen würde. Aber das geht nicht, weil das erste eine wunderbare Gelegenheit zum Klugscheißen ungenutzt ließe und das zweite schlichtweg nicht mehr den Zeitgeist trifft.

Was zählt es noch, dass Schmidt außerordentliches Rückgrat in einer Situation bewiesen hat, die einen geringeren Mann hätte zerbrechen lassen, eine Situation, bei der das Wohlergehen des Landes, das ihm anvertraut war, auf dem Spiel stand. Auch ist es keine schlechte Leistung, 62 Jahre lang mit derselben Frau verheiratet geblieben zu sein, zumal bei der Nachfolgegeneration mittlerweile die Drittehen scheitern.

Tja, wasauchimmer. Hier wird jedenfalls diesem Mann von einem unsäglichen Schmieranten, der dazu noch Tausenden anderer deutscher Spießer aus der Seele spricht, Verantwortungsgefühl und Augenmaß abgesprochen - warum? WEIL ER RAUCHER IST!

Niemand soll uns nachsagen, dass wir keine Schwerpunkte zu setzen vermögen.

Wir vermuten das Problem liegt ganz einfach darin, dass Helmut Schmidt, anders als die jungen Männer mit Migrationshintergrund, seinem Kritiker nicht die Fresse polieren kann.