Montag, 3. Januar 2011

Blumen der Bellos

Wolfgang Röhl hatte auf AchGut den Blumen des Blöden einen netten kleinen Wettbewerb gewidmet.

Dem leider früh verstorbenen Anglistikprofessor Dietrich Schwanitz, u. a. Autor des Bestsellers „Bildung - alles was man wissen muss“, verdanken wir wertvolle Tipps, wie man sich auf gesellschaftlichem Parkett als Mensch von Bildung und Stil ausweist. Diskutiert beispielsweise irgendwo ein Zirkel über einen gerade hoch gehandelten Schriftsteller, rät Schwanitz zu dem gewitzten Einwurf „Aber ein Musil ist er nicht!“ Widerspruch? Nicht zu befürchten. Kaum ein Schwein habe ja Robert Musils sterbenslangweiliges Hauptwerk „Der Mann ohne Eigenschaften“ gelesen.

Natürlich bedarf es eines stattlichen Phrasenvorrats, um dauerhaft im Debattenmainstream mitschwimmen zu können, welcher sich aus „Spiegel“, „Zeit“, „SZ“, „Anne Will“ und „Monitor“ speist, Claus Leggewie für einen Sozialwissenschaftler, Renate Künast für eine politische Begabung und Margot Käßmann für eine Querdenkerin hält. Ferner benötigt man ein ganzes Arsenal von blumigen Sentenzen, die niemand bestreiten kann, der die Erde von seinen Kindern nur geliehen hat.
Das Ergebnis ist lesenswert!



Auch ich habe mich ganz am Schluss noch beteiligt, sozusagen außer Konkurrenz, weil meine Binsen alle der überschaubaren Welt des jagdlichen Hundeführens entstammen und sehr speziell sind. Tatsächlich hat Wolfgang Röhl aber sogar eine zur Veröffentlichung ausgewählt, und zwar die, die objektiv wohl wirklich die beinhart blödeste ist: "Mir hat noch kein Fuchs was getan."

Am Ende drängt sich der Eindruck auf, dass kein Lebensbereich von der Binse verschont bleibt. Ich bin sicher, dass z.B.- und mal ganz spontan aufgezählt - Köche, Golfspieler, Reiter (da weiß ich es sogar genau), Segler, Vermessungstechniker oder Kneipenwirte von denselben Binsen belästigt werden und dass man nur die Eckdaten austauschen muss.

Man kann die Binsenianer übrigens, jedenfalls ist das meine Theorie, in unterschiedliche Gruppen einteilen, nämlich Betroffenheitsdeppen, Deeskalations-Fuzzis, Gleichheitshysterikerinnen beider Geschlechter, Noblewildeversteher, Neidbetroffene und antiautoritäre Asoziale. Mischformen sind möglich, und alle befürchten, dass irgendwo irgendjemand Spaß haben könnte, was sie verhindern möchten.

Hier einige weitere Binsen aus dem Tagebuch des jagdlichen Hundeführens:

"Lassen Sie ihn doch. Er darf mich ruhig anspringen. Er freut sich doch." antiautoritäre Asoziale

"Hach sind Sie brutal!" (Wenn man den Hund "down" machen lässt.) Deeskalations-Fuzzis

"Sie üben die ganze Gewalt des Menschen über den Hund aus." (Bei eben dieser Gelegenheit.) Betroffenheitsdeppen Gleichheitshysteriker_innen Deeskalations-Fuzzis

"Warum darf Ihr Hund denn nicht bellen? Das ist doch ein Hund, der muss doch bellen" antiautoritäre Asoziale Noblewildeversteher

"Hunde sind wie Kinder." Gleichheitshysteriker_innen

"Hunde wissen genau, wer es gut mit ihnen meint." Noblewildeversteher

"Das müssen die [Hunde] unter sich ausmachen!" antiautoritäre Asoziale

"Kinder könnten sich davor erschrecken." Neidbetroffene

"Ich lasse für meine Hunde vegetarisches Futter aus Amerika kommen." Einfach nur blöd.

"Kaninchenmörder!" Betroffenheitsdeppen

"Fuchsquäler!" Betroffenheitsdeppen

"Aus welchem Tierheim hamse den?" (Rassehunde sind bäh!) Betroffenheitsdeppen Gleichheitshysteriker_innen

"Ist der auch kastriert?" (Betonung auf "kastriert" und immer nur auf Rüden bezogen!) Betroffenheitsdeppen

"Aber mein Hund hat doch noch Welpenschutz." Deeskalations-Fuzzis

"Jäger sind Mörder." Betroffenheitsdeppen Neidbetroffene

Die [vorher in Rudeln freilebenden] Hunde aus Spanien/Portugal/Griechenland [die man dann zwangsweise in deutsche Wohnungen verpflanzt] sind alle ganz toll natürlich sozialisiert." Noblewildeversteher

"Jäger schränken meine Freiheit ein, weil ich mich nicht mehr mit dem angeleinten [haha] Hund in den Wald traue." Betroffenheitsdeppen Neidbetroffene

"Die Natur würde sich schon von selber regeln."
antiautoritäre Asoziale
Noblewildeversteher

"Ich habe meinen Hund vom Bauern, weil die [seriösen] Züchter verdienen damit viel zuviel."
Neidbetroffene


"Jagdhunde sind bei Nichtjägern viel glücklicher."
Betroffenheitsdeppen Neidbetroffene


"Ich habe nichts gegen die Jagd an sich, nur gegen Hobbyjäger." (Weil die könnten ja Spaß daran haben.)
Neidbetroffene


"Über die Jagd wird noch mehr gelogen, als über den Krieg."
Betroffenheitsdeppen Neidbetroffene


"Und dann hab ich meinem Kind gesagt: "Pistolen sind böse!"" Betroffenheitsdeppen Deeskalations-Fuzzis


"Ich hätte doch gedacht, dass du einem armen Hündchen aus dem Tierheim ein Zuhause gegeben hättest..."
Betroffenheitsdeppen Gleichheitshysteriker_innen


Dass sich ein Phänomen, das wir hauptsächlich im politischen Diskurs wahrnehmen, derart mühelos auch auf andere Lebensbereiche übertragen lässt, zeigt, dass wir es hier mit einer tiefverwurzelten, epidemisch auftretenden psychischen Störung zu tun haben, und das meine ich ernst. Sie nennt sich "progressiv sein".