Montag, 17. März 2008

Auftakt für Ärgeres

Malte Lehming, der seine Urteilskraft bereits bewies, als er vor einigen Tagen den Judenstern-Experten Roland Koch einen "prinzipenstarken Konservativen" nannte, scheint nicht nur Menschenkenner, sondern auch Nahostexperte zu sein, meint er doch heute anlässlich des Israelbesuchs der Kanzlerin:

Zumindest einmal könnte sie [Angela Merkel] Olmert an Rabin erinnern, in dessen Amtszeit israelische Politiker trotz eines gesetzlichen Verbotes Gespräche mit der PLO aufnahmen, die damals die Vernichtung Israels in ihrer Charta verlangte und als Terrororganisation galt. Die PLO hat das nachhaltiger zum Positiven verändert, als es Israel geschadet hat. Nur Freunde können einem Mut machen. Und als Freundin ist Merkel schließlich gekommen.
Wo bitte hat sich die PLO "nachhaltig zum Positiven" verändert? Das heißt, verändert hat sie sich schon. Sie handelt jetzt nämlich bedeutend effektiver von dem ihr von Israel dummerweise überlassenen Territorium aus. So viel zu israelischen Zugeständnissen, und wenn man das "positiv" sehen will: bitteschön! Aber das hat Herr Lehming sicher weder gemeint noch gewusst, ist er doch leidenschaftlich um das Wohlergehen der Juden in Deutschland besorgt und schrieb erst vor drei Tagen dass
Türken..., die in Deutschland leben, aber Immanuel Kant nicht zitieren können, als nicht integrierbar eingestuft (werden). Manchmal bezichtigt man sie auch der doppelten Loyalität und stellt sie vor die ultimative Entscheidung: entweder Hannover oder Istanbul. Sowohl-als auch? Das geht bei uns nicht.
Nein, das geht nicht und zwar aus guten Gründen, Gründe, die auch Kurt Beck nicht eingeleuchtet haben, als er meinte, dass die deutsche Seite keinesfalls mit ihren Integrationsbemühungen den Anspruch verbinde,
dass Menschen, die aus der Türkei zu uns gekommen sind, ihre kulturelle oder religiöse Integrität aufgeben müssen.
Wenn Kurt Beck es schon nicht kann, vielleicht ist ja Malte Lehming in der Lage uns zu sagen, wie das "Sowohl-als auch" denn aussehen soll und wo die interkulturell kompatiblen Abstriche gemacht werden sollten. Bei der Menschenwürde? Ist etwas Steinigung in Ordnung? Bei der Stellung der Frau in der Gesellschaft? Wie wäre es mit nur noch zwei, statt drei Schritten hinter dem Mann?

Und dieses dumme Zeug kommt - bitteschön - von dem Mann, der Roland Koch, die Geißel der kriminellen Jugendlichen aus Migrantenfamilien, beifällig einen "prinzipienstarken Konservativen" nennt.

Beck oder Koch? Wie hätten sie es denn gerne, Herr Lehming?

Kann es sein, dass dieser Mann einfach nur, wie es auf Englisch ebenso unübertroffen wie unübersetzbar heißt "makes up his shit as he goes along"?

Aber ich schweife ab. Eigentlich ging es ja darum, zu zeigen, dass Malte sich doch mehr um die Juden sorgt, als es sein nicht nur depperter, sondern auch (für Israel) fataler Vorschlag, Terroristen mit Reden zum Besseren zu bekehren, nahe zu legen scheint.
Was sich vordergründig gegen die Türken richtet, hat - wie so oft in Deutschland - mit der Geschichte zu tun, und es zielt, wenngleich noch uneingestanden, gewissermaßen indirekt, auch gegen die hier lebenden Juden. Die Türken sind den meisten Deutschen ja relativ egal, aber dass sich deutsche Juden immerfort zu Israel äußern müssen, das ärgert sie schon lange. Von wegen doppelte Loyalität! Jeder Jude in Deutschland hat es schon mal erlebt, sich vor Deutschen für Israel rechtfertigen zu müssen oder, im Gegenteil, sich den Vorwurf anhören zu müssen, als deutscher Jude besondere Israel-Sympathie zu hegen...

Und so könnte die ganze aufgeregte Integrationsdebatte durchaus der Auftakt für Ärgeres sein. Wenn sich erst einmal durchsetzt, dass nur der wirklich Deutscher sein kann, der sich mit Haut und Haaren und Leib und Seele diesem Land und allein diesem Land verschrieben hat, dann, ja dann hat hier bald keiner mehr etwas zu lachen. Was mit dem Zwang zum Gesinnungsbekenntnis beginnt, hat in Deutschland nie gut geendet.
Ja, das haut rein! Gib es uns! Mach uns den Malte! Deutsche interessieren sich also nicht wirklich für die Türken, es sind die Juden, die sie ultimativ im Sinn haben und was können die ganzen lästigen Rentner, die gegen Jugendliche mit Migrationshintergrund stänkern, die doch nur spielen wollen, auch schon anderes planen, als den nächsten Holocaust.

Ach wären sie doch nur Leiter des Ressorts Meinung beim Tagesspiegel und könnten dort Anregungen zur Politik Israels geben, die, würde ihnen gefolgt, einen neuen Holocaust an den Juden im Nahen Osten zumindest wahrscheinlicher machen würden.

Auch wird die ebenso demagogische, wie sachlich falsche Gleichsetzung von Antisemitismus und Rassismus, wie man sieht, immer wieder gerne genommen.

Und so könnte das ganze widersprüchliche, hohle Geschwafel des Malte Lehming durchaus der Auftakt für Ärgeres sein und es ist sicher nicht verboten zu fragen, ob er nicht, wenngleich noch uneingestanden, gewissermaßen indirekt, genau das ist, was er seinen Landsleuten zu sein unterstellt.

Oder ganz einfach nur eine hohle Nuss, die ihren Scheiß wirklich nur so im Vorbeigehen absondert.